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Saturday, February 5, 2022

Netflix: Gefangen im Endlosstream | ZEIT ONLINE - ZEIT ONLINE

Gefangen im Endlosstream – Seite 1

Zum Jahreswechsel dominierte Netflix wieder einmal die Bildschirme des Planeten. Mit Red Notice und Don’t Look Up veröffentlichte der amerikanische Streamingkonzern innerhalb weniger Wochen die beiden erfolgreichsten Filme seiner Geschichte. Zuvor hatte auch die Serie Squid Game alle hausinternen Zuschauerrekorde gebrochen – und die wirtschaftlichen gleich mit. Der Erfolg der südkoreanischen Serie ließ Anleger auf enormes Wachstum auf den asiatischen Märkten hoffen. Das trieb den Kurs des Unternehmens auf einen historischen Höchststand von zeitweise mehr als 700 Dollar pro Aktie.

Doch diese Zeiten scheinen vorbei zu sein. Seit dem Jahreswechsel ist der Börsenwert von Netflix immer weiter abgerutscht, halbierte sich fast. Zeitweise notierte die Aktie nur noch bei knapp über 350 Dollar. Zuletzt legte sie wieder etwas zu, doch unterm Strich bleibt ein Kursverlust von rund 25 Prozent seit Jahresbeginn. Ausgelöst wurde der rapide Absturz durch eine enttäuschend niedrige Zahl neu abgeschlossener Abonnements. Und die Prognosen für die kommenden Monate sehen nicht besser aus.

Ausgerechnet Netflix. Der Streamingdienst galt als einer der großen Gewinner der Pandemie. Schließlich zwangen Lockdowns, geschlossene Kinos und verordnete Kontaktreduzierungen Milliarden Menschen weltweit auf die Sofas. Netflix, mit seinem unermesslichen Archiv und einer scheinbar nie versiegenden Quelle für neue Inhalte, versorgte seine mehr als 220 Millionen Abonnenten mit immer neuen Angeboten, von Tiger King über Love is Blind bis zur Great British Baking Show. Das Unternehmen wurde zum Synonym für Streaming. Warum also nun der Absturz?

"Netflix ist zum Opfer seines eigenen Erfolgs geworden", sagt Berna Barshay vom Analysehaus Empire Financial Research. In den USA, wo das Unternehmen immer noch den mit Abstand größten Teil seines Umsatzes macht, werde es angesichts von mehr als 67 Millionen Abonnenten schlicht kompliziert, weiter im großen Stil zu wachsen. Wer jetzt noch kein Konto habe, erklärt Barshay, dem fehle es häufig entweder an Geld oder an einer belastbaren Internetverbindung. "Der Markt nähert sich schlicht der Sättigung an", sagt sie. In Europa und Asien sei das Wachstumspotenzial noch deutlich größer, doch auch hier werde es zunehmend schwerer, neue Kunden zu gewinnen.

Denn Netflix mag nach wie vor der größte Name im Streamingsegment sein – aber schon lange nicht mehr der einzige. Disney+ lockt Zuschauer mit dem prall gefüllten Archiv der Unterhaltungsfirma sowie den aktuellen Veröffentlichungen der globalen Supermarken Marvel und Star Wars. Amazon, ein anderer Pandemiegewinner, gibt sein Streamingangebot gleich als Bonus für Prime-Kunden dazu, die womöglich nur Windeln und Schwämme schnell und günstig geliefert bekommen wollen. Doch durch den jüngst verkündeten Zukauf des Hollywood-Studios MGM, unter anderem Heimat der James-Bond-Serie, dürfte auch das Angebot des Bezos-Konzerns bald noch umfangreicher und attraktiver werden.

Teure Produktionen, um mithalten zu können

Und das sind nur die größten Netflix-Konkurrenten. Auch der Techkonzern Apple bietet mittlerweile seinen mit hochwertigen Produktionen für einen vergleichbar niedrigen Monatspreis an. Und auf dem US-Markt tummeln sich mit HBO Max, Paramount+, Peacock und anderen Angeboten noch zahlreiche Mitbewerber, die auf Marktanteile hoffen. Nicht umsonst spricht man in den USA bereits von den "Streaming Wars".

Der Wettbewerb freut Kundinnen und Kunden, denn die zahlreichen Plattformen produzieren hochwertige Inhalte, um Abonnenten anlocken zu können – und bei Laune zu halten. Das aber kostet Geld. Bis 2025 soll das Budget für eigene Netflix-Produktionen auf beeindruckende 18,92 Milliarden Dollar steigen. Billig war es allerdings auch bisher nicht. Allein die ersten vier Staffeln der Erfolgsserie The Crown sollen Netflix  mehr als eine halbe Milliarde Dollar gekostet haben – im Schnitt rund 13 Millionen Dollar pro Folge. Ein Film wie das Martin-Scorsese-Epos The Irishman verschlang rund 160 Millionen Dollar. Im Sommer dieses Jahres veröffentlicht der Streamingdienst mit The Gray Man den teuersten Film seiner Geschichte: rund 200 Millionen Dollar.

Andere Anbieter versuchen mitzuhalten. So produziert Amazon eine Serie basierend auf den Herr-der-Ringe-Büchern von J. R. R. Tolkien für rund eine Milliarde Dollar. Apple gab rund 300 Millionen für die ersten beiden Staffeln von The Morning Show aus, Disney+ pumpte zwischen 150 und 200 Millionen Dollar in jede Staffel seiner Marvel-Serien Falcon and the Winter Soldier, WandaVision und Hawkeye.

Extrem hohe Produktionskosten

Angesichts solcher Produktionskosten ist es für Streaminganbieter schwierig, profitabel zu sein. Netflix ist es gleichwohl gelungen, aber auch das hat seinen Preis. So monierten Analysten, dass der Konzern nicht genug für Werbung ausgebe. Im ersten Quartal 2021 etwa sank das Marketingbudget auf den niedrigsten Stand seit 2017. Das erhöht zwar den Gewinn, bremst aber das Kundenwachstum. Andere Streaminganbieter befinden sich hingegen noch gar nicht in der Gewinnzone. Disney+ etwa hofft, erstmals 2024 profitabel zu sein.

Nachhaltig ist die Situation auf dem Streamingmarkt damit nicht. Experten gehen deshalb schon länger davon aus, dass es mittelfristig zu einer Konsolidierung kommen wird. Schließlich sind nur sehr wenige Zuschauer bereit, jeden Monat zehn bis zwanzig Dollar an mehrere Anbieter zu überweisen. Denn die Kosten für die Abonnements läppern sich. Rund 55 Dollar gab der durchschnittliche US-Konsument einer Studie von J.D.Power zufolge im vergangenen Jahr für all die Streamingabos aus, im April 2020 waren es dagegen 38 Dollar gewesen. 

Doch ob dieser Trend anhält, ist eine andere Frage. Schließlich kam eine Studie des Beratungsunternehmens West Monroe jüngst zu dem Schluss, dass der US-Konsument im Schnitt rund 273 Dollar pro Monat für Abos ausgibt – ein Plus von 15 Prozent seit 2018. Darunter fallen jedoch nicht nur Streamingdienste, sondern auch Internet- und Telefonflatrates und alles andere, was sich monatlich automatisch erneuert. Streaming ist für zwei Drittel der Befragten eine dieser wiederkehrenden Ausgaben. Allerdings ist das dafür veranschlagte Budget überschaubar: Der Großteil der Befragten kalkulierte 2021 fürs Streamen 20 Dollar im Monat, genauso viel wie 2018.

Damit reiche der Platz auf dem Markt vielleicht für zwei oder drei Streamingdienste aus, glaubt Analystin Barshay. Hinzu komme noch Amazon, dessen Angebot aufgrund der Verknüpfung mit dem Prime-Service außer Konkurrenz laufe. Sie ist überzeugt, dass Netflix trotz all der Konkurrenz seine Rolle als Marktführer verteidigen könne. "Das Unternehmen ist gut aufgestellt, verfügt über ein fähiges Management und liefert beliebten Content", sagt sie. Daran änderten auch die jüngsten Kursverluste nichts. Die Erwartungen an Netflix seien schlicht – getrieben durch den Covid-Boom – zu hoch gewesen.

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