Kampf gegen Inflation: Lagarde könnte Leitzins anheben – aber nicht sofort - DER SPIEGEL
Lange hat die EZB-Chefin das Drängen einiger Experten und Expertinnen auf eine Zinswende abmoderiert. Vor dem Europaparlament findet sie nun klarere Worte – kündigt aber gleichzeitig ein behutsames Vorgehen an.
Die Europäische Zentralbank (EZB) will nur schrittweise aus ihrer lockeren Geldpolitik aussteigen. »Jegliche Anpassung unserer Politik wird allmählich erfolgen«, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde vor dem Europäischen Parlament in Straßburg. Eine Leitzinserhöhung werde es erst geben, wenn auch die Nettoanleihekäufe beendet seien. Die Entscheidung sei außerdem abhängig von der aktuellen Datenlage.
Im Wesentlichen wiederholte Lagarde vor dem Parlament bereits gemachte Aussagen. Bei einer Sitzung Anfang Februar hatte sie verkündet, eine Leitzinserhöhung in diesem Jahr nicht mehr auszuschließen. Die EZB, so Lagarde, »stehe bereit, all unsere Maßnahmen zu überprüfen, um sicherzustellen, dass die langfristige Inflation bei rund zwei Prozent liegt.«
So milde diese Aussagen klingen, sie kommen doch einem vorsichtigen Kurswechsel gleich: Zuvor waren Fragen nach einer Zinswende immer wieder abmoderiert worden. Doch der starke Anstieg der Verbraucherpreise setzt die EZB unter Druck. Die Inflationsrate war im Januar in der Eurozone auf 5,1 Prozent gestiegen. Die EZB strebt auf mittlere Sicht eine Inflationsrate von zwei Prozent an. Anfang Februar hatten Experten der EZB ihre Inflationserwartungen für die Eurozone auf drei Prozent und damit deutlich nach oben korrigiert.
Zunächst, so Lagarde, rechne sie weiterhin mit hohen Inflationsraten. »Die Inflationsaussichten sind zwar ungewiss, aber sie werden wahrscheinlich länger auf hohem Niveau bleiben als bisher erwartet, im Laufe dieses Jahres aber zurückgehen.«
Der Rat der Europäischen Zentralbanken, der EZB-Rat, tagt am 10. März das nächste Mal. Dann sollen die zuletzt rasant gestiegenen Kosten für Öl, Gas und Elektrizität, aber auch für Lebensmittel, wieder auf der Tagesordnung stehen.
Für Finanzexperten und -expertinnen sind Lagardes Aussagen signifikant: »Eine erste Zinserhöhung noch in diesem Jahr scheint damit ein durchaus realistisches Szenario zu werden«, sagte Ulrike Kastens, Volkswirtin Europa der Fondsgesellschaft DWS, Anfang Februar.
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