Rechercher dans ce blog

Wednesday, August 18, 2021

„Peking sieht TikTok als eine Erweiterung der Partei“ - WELT

Der Deal wurde im Verborgenen geschlossen. Kein Wort drang an die Öffentlichkeit. Vor vier Monaten stieg die chinesische Regierung bei einer Tochterfirma des Pekinger Tech-Giganten ByteDance ein. Der Staat erwarb eine Beteiligung in Höhe von einem Prozent und erhielt einen Sitz im Aufsichtsrat. Erst jetzt wurde das Geschäft bekannt – und sorgt sofort für Unruhe, vor allem in den USA.

Denn Bytedance gehört auch die Video-App TikTok, die in Amerika mittlerweile öfter heruntergeladen wird als Instagram, WhatsApp und Facebook. Weitet China seinen Einfluss in dem Land, mit dem es sich bis vor Kurzem noch in einem erbitterten Handelskrieg befand, also aus?

Auf den ersten Blick scheint das alles nur China selbst zu betreffen. Die Tochterfirma, in die der Staat einstieg, besitzt die Lizenzen zum Betrieb von Douyin, der chinesischen Version von TikTok, und Toutiao, einem Nachrichtenportal. Beide Dienste sind nur in der Volksrepublik verfügbar. Doch für viele Amerikaner bestätigt der Deal eine lang gehegte Sorge: dass Peking langsam, Schritt für Schritt, ByteDance übernimmt – und so auch die Kontrolle über TikTok an sich reißt.

Lesen Sie auch
Chinas Vizepräsident Wang Quishan (M.) im Mai 2019 auf dem Terminal Tollerort mit HHLA-Chefin Angela Titzrath und Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher
HHLA-Pläne

„Pekings Aggressivität macht deutlich, dass das Regime TikTok als eine Erweiterung der Partei sieht“, sagte am Mittwoch der republikanische Senator Marco Rubio. „Und die USA müssen die Plattform auch so behandeln.“ Amerika, meinte der Politiker aus Florida, benötige strengere Regeln für „hochriskante, im Ausland ansässige Apps“.

Aggressiv scheint das Vorgehen der chinesischen Regierung tatsächlich zu sein. Zwar kaufte sie nur ein Prozent an der ByteDance-Tochter. Aber diese Beteiligung wird unter anderem von der sogenannten Cyberspace Administration of China gehalten – jener Stelle, die in der Volksrepublik für die Zensur des Internets zuständig ist.

Bemerkenswert ist zudem, dass der Staat auch in den Aufsichtsrat drängte. Das Gremium hat nur drei Sitze, was der Kommunistischen Partei mit ihrem einen Sitz rechnerisch einen großen Einfluss auf die Firma gibt. Und schließlich wird ein Präzedenzfall geschaffen: Heute beteiligt sich Peking an Douyin und Toutiao – und morgen vielleicht an TikTok.

Trump verhängte einen Download-Stopp gegen TikTok

Donald Trump hatte im vergangenen Jahr versucht, TikTok per Verordnung aus Amerika zu verbannen. Die App, meinte der damalige Präsident, spioniere die Bürger aus und werde von Peking zur Verbreitung von Propaganda missbraucht – Vorwürfe, die viele Internetexperten in den USA teilen.

Ein Beispiel: Im Sommer 2019 ließen sich mit dem Hashtag „Hongkong“ auf TikTok nur wenige Bilder zu den Protesten gegen die Regierung finden, die damals gerade ausgebrochen waren. Das könnte auf chinesische Zensur hindeuten, schließlich waren amerikanische Plattformen wie Twitter und Facebook voll von Fotos der Kundgebungen.

TikTok, sagte Trump, bedrohe die nationale Sicherheit der USA. Doch amerikanische Gerichte hoben seinen Download-Stopp vorübergehend auf. Im Juni dieses Jahres schließlich nahm Joe Biden die Verordnung Trumps endgültig zurück. Biden will zunächst genau prüfen lassen, ob die App, die in China nicht verfügbar ist, tatsächlich eine Bedrohung für die USA darstellt – womöglich ein Versuch, die Beziehungen zu Peking zu verbessern, die unter Trump gelitten hatten.

Lesen Sie auch
Aerial view of container ship transporting goods sailing across ocean entering the port
Auto, Bau, Möbel, Elektronik

Doch am Mittwoch folgte zunächst ein rhetorischer Schlagabtausch. Chinas Reaktion auf die Äußerungen Marco Rubios war harsch. Ein Vertreter des chinesischen Außenministeriums warf Amerika „politische Einflussnahme“ vor und sagte, dass alle US-Politiker, die „unter Missachtung von Fakten chinafeindliche Äußerungen machen“, dazu bestimmt seien, „auf dem Müllhaufen der Geschichte zu landen“.

Sollte die chinesische Regierung eines Tages tatsächlich bei TikTok einsteigen, dürfte Biden den Ton ebenfalls verschärfen und sogar einen Bann aussprechen. Und er könnte sich dabei der Unterstützung des US-Kongresses sicher sein: In Washington stehen sich Demokraten und Republikaner zwar unversöhnlich gegenüber, aber in einem Punkt sind sich alle einig: dass China der Staatsfeind Nummer eins ist.

Im vergangenen Jahr debattierte der Kongress mehr als 150 Gesetzentwürfe, die auf Peking zielten – also statistisch gesehen fast jeden zweiten Tag einen. Einige sahen die Unterstützung der Demokratiebewegung in Hongkong vor, andere zwangen chinesische Firmen zu mehr Transparenz gegenüber der US-Börsenaufsicht. Und viele wurden einstimmig angenommen. Für TikTok verheißt das nichts Gutes.

Adblock test (Why?)


„Peking sieht TikTok als eine Erweiterung der Partei“ - WELT
Read More

No comments:

Post a Comment

Ukraine-Krieg im Ticker: DAX schließt tief im Minus -- US-Börsen schließen uneinheitlich -- Siemens Energy neue Struktur -- CTS Eventim macht Gewinn -- ADLER Group, Lufthansa, Snap, Zoom im Fokus - finanzen.net

Der deutsche Aktienmarkt brach seine Erholung am Dienstag bereits wieder ab. Der DAX fiel bereits zur Eröffnung zurück und bewegte sich au...