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Wednesday, July 21, 2021

Daimler: Ausgerechnet Gewinne sorgen beim Autobauer für Ärger - WELT

Für Daimler hätten die vergangenen Monate kaum besser laufen können: Schon einige Tage vor der geplanten Vorlage der Bilanz für das zweite Quartal musste der Stuttgarter Autobauer die vorläufigen Zahlen per Pflichtmitteilung an die Börsen veröffentlichen – sie waren schlicht so gut ausgefallen, dass sie deutlich über den Erwartungen des Kapitalmarkts gelegen hatten. Und das trotz der zahlreichen Krisen, unter denen auch die Autoindustrie noch immer leidet.

Neben Corona erschwert vor allem der Chipmangel die Geschäfte in der Branche. Trotzdem legte der Umsatz im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 44 Prozent auf nun wieder 43,5 Milliarden Euro zu. Allerdings war das Geschäft vor einem Jahr genau in diesen drei Monaten massiv durch die Corona-Krise eingebrochen – entsprechend groß fällt das Plus nun aus.

Der Gewinn lag zwischen April und Juni dieses Jahres bei mehr als 3,7 Milliarden Euro, vor einem Jahr hatte Daimler für den gleichen Zeitraum noch einen Verlust von 1,9 Milliarden Euro vermelden müssen. Damals kündigte Daimler-Chef Ola Källenius eine Verschärfung des geplanten Sparprogramms an. Auch wenn Daimler nie eine Zahl bestätigt hat, wie viele Beschäftigte der Konzern abbauen will, war im Anschluss von 20.000 bis 30.000 Stellen die Rede, die wegfallen sollten.

Quelle: Infografik WELT

Doch ausgerechnet die guten Zahlen sorgen nun für Ärger in Stuttgart. Noch bevor Källenius die Zwischenbilanz am Mittwochmorgen vorstellen konnte, meldete sich der Betriebsratschef zu Wort. „Wenn wir volle Auftragsbücher haben und die Gewinne sprudeln, wie soll die Belegschaft da Verständnis haben für Sparmaßnahmen, die über Jahre laufen sollen“, fragte Michael Brecht in der „Automobilwoche“. Damit ist der Konflikt programmiert, denn Källenius will weiter sparen – trotz der hohen Gewinne.

„Weder können wir noch wollen wir das schwäbische Gen des Sparens aufgeben“, sagte Källenius. Schließlich müsse man Milliarden in die Transformation zur Elektromobilität stecken und dafür weiter an der Effizienz des Konzerns arbeiten. Man sei sich natürlich der sozialen Verantwortung bewusst und bespreche alle Pläne mit den Arbeitnehmervertretern.

Doch von einer „Abmilderung“ des Sparprogramms will Källenius nichts wissen. „Das klingt so, als ob ein Topathlet sagt: Ich trainiere jetzt weniger, weil ich schon schnell bin“, sagte der Daimler-Chef. „Wir dürfen uns nicht ausruhen, auch wenn der Zwischenspurt gut aussieht.“ Man müsse schließlich einen Marathon bewältigen.

Daimler: Betriebsratschef warnte vor „Detroit 2.0“

Tatsächlich sind die Zahlen aus dem zweiten Quartal trügerisch, weil sie nichts über die Zukunftsfähigkeit von Daimler aussagen. Betriebsratschef Brecht hatte selbst noch vor wenigen Tagen vor einem „Detroit 2.0“ in der Region Stuttgart gewarnt und zusätzliche Fördergelder für den technologischen Umstieg auf die Elektromobilität gefordert.

Schon einen Tag nach der Bilanzvorstellung will Källenius die überarbeitete Elektrostrategie für Mercedes präsentieren, es wird damit gerechnet, dass die Transformation auch in Stuttgart weiter beschleunigt werden soll.

Schließlich hat die EU-Kommission in der vergangenen Woche mit ihrem sogenannten Fit-for-55-Programm noch einmal strengere Abgasvorschriften für Autobauer in Europa vorgeschlagen. Zwar müssen die Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament noch zustimmen, doch setzen sich die Pläne durch, müssten die CO2-Emissionen bereits bis 2030 um 55 Prozent sinken, 2035 dürften Neuwagen gar kein CO2 mehr ausstoßen. Entsprechend müssen die einzelnen Hersteller noch schneller noch mehr Elektroautos verkaufen, um die durchschnittlichen Emissionen ihrer Flotten zu reduzieren.

Quelle: Infografik WELT

Bislang sind die Auswirkungen auf die Beschäftigtenzahlen überschaubar. Derzeit arbeiten gut 289.600 Menschen für den Konzern. Das sind nur 3500 weniger als vor einem Jahr. Gegenüber dem Höchststand von mehr als 301.800 Beschäftigten 2019 sank die Zahl um rund 12.000. Allerdings verdecken diese Zahlen, dass auch bei Daimler zahlreiche neue Jobs in anderen Bereichen wie der Software-Entwicklung und dem Elektroantrieb entstanden sind, während andere weggefallen sind.

Um auch weiterhin die nötigen Gewinne für den Konzernumbau zu erwirtschaften, will man bei Daimler vor allem auf profitables Wachstum setzen. Angesichts der knappen Chips sollen sie vor allem in den gewinnbringendsten Modellen verbaut werden, für andere vor allem kleinere Fahrzeuge könnten sich die Lieferzeiten so deutlich erhöhen.

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Mercedes wolle nicht mehr mit Volumenherstellern in Konkurrenz treten, sagte Källenius. „Wir wollen eher nach oben als nach unten schauen.“ Er gab zu, dass es schon jetzt „sehr lange Lieferzeiten“ bei Mercedes gebe. „Das gefällt uns nicht“, sagte Källenius. Man werde daran arbeiten, sie zu reduzieren.

Allerdings musste wegen der Halbleiterknappheit sogar kurzzeitig die Produktion der S-Klasse in Sindelfingen unterbrochen werden – trotz der Profitabilität des Flaggschiffs. Doch damit muss der Tiefpunkt der Chip-Krise noch nicht erreicht sein.

Die Probleme könnten im laufenden dritten Quartal sogar noch etwas größer sein als im zurückliegenden Vierteljahr, sagte Källenius. Neben den Lieferschwierigkeiten, die die gesamte Branche treffen, bekam Daimler auch noch einen Corona-Ausbruch in einer Chip-Fabrik in Malaysia zu spüren, wodurch es weitere Verzögerungen gab.

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Solche Probleme würden sich nie ganz ausschließen lassen, sagte der Daimler-Chef. Dennoch wolle man nach dem Ende der Halbleiterkrise analysieren, welche Lehren für die Zukunft gezogen werden können.

In Deutschland habe man inzwischen kaum noch Probleme durch die Pandemie. „Wir haben im Prinzip gelernt, mit Corona zu leben im Halb-Lockdown“, sagte Källenius. Es komme natürlich darauf an, die Impfquote möglichst rasch zu erhöhen.

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