
E.on-Vertriebsvorstand Patrick Lammers mit Andrew Forrest von Fortescue Future Industries (FFI)
Foto: Michael Kappeler / dpaBereits die alte Bundesregierung arbeitete an einer »Wasserstoffrepublik Deutschland«. Mit der angesichts des Ukrainekriegs problematischen Abhängigkeit von russischer Energie könnte sich das nun beschleunigen. Konkret will der Energiekonzern E.on mit seinem neuen australischen Partner FFI grünen Wasserstoff in großem Stil nach Deutschland und Europa bringen.
Beide Unternehmen haben eine Partnerschaft mit dem Ziel geschlossen, Wege zu schaffen, um bis 2030 die Lieferung von bis zu fünf Millionen Tonnen grünem Wasserstoff pro Jahr nach Europa zu realisieren, wie sie in Berlin mitteilten. Eine entsprechende Absichtserklärung sei unterzeichnet worden. Als Nächstes sind jetzt Machbarkeitsstudien geplant.
Lieferung könnte einem Drittel der deutschen Heizenergie entsprechen
Die Partnerschaft fällt in eine Zeit, in der Europa seine Energieabhängigkeit von Russland so schnell wie möglich verringern will. Fünf Millionen Tonnen pro Jahr an erneuerbarem Wasserstoff entsprächen etwa einem Drittel der Heizenergie, die Deutschland aus Russland importiert.
Wasserstoff spielt eine zentrale Rolle bei den Plänen der Bundesregierung für eine Energiewende in Deutschland. »Der Wettlauf um die Produktion und den Transport von grünem Wasserstoff im großen Maßstab hat Fahrt aufgenommen«, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck: »Die Vereinbarung zwischen E.on und FFI ist ein wichtiger Schritt«, so der Grünenpolitiker.
Wasserstoff kann Brennstoffzellen von Lastwagen betreiben und dient als Grundlage für gasförmige und flüssige Brennstoffe. Er gilt in Deutschland als wichtiger Bestandteil für die Energie- und Mobilitätswende, um langfristig Klimaneutralität zu erreichen.
Je nachdem, woraus Wasserstoff gewonnen wird und woher der Strom kommt, gibt es unterschiedliche Namen. Grüner Wasserstoff entsteht mit erneuerbaren Energien – und damit fossilfrei – aus Wasser und ist der Liebling der Klimaschützer. Er gilt aber auch als wichtiger Baustein für eine Dekarbonisierung der Industrie. Bereits der Kunststoffhersteller Covestro hatte etwa im Januar angekündigt, grünen Wasserstoff aus Australien beziehen zu wollen.
Laut Patrick Lammers, dem für das operative Geschäft zuständigen E.on-Manager, soll der erste Wasserstoff 2024 geliefert werden. Geplant seien zunächst bis zu 200.000 Tonnen. 2030 sollen es dann bis zu fünf Millionen Tonnen sein. E.on will das Gas nach Lammers' Angaben für Tausende mittelständische Unternehmen verfügbar machen. Der Wasserstoff soll über E.on-Verteilnetze in Deutschland und anderen europäischen Ländern zu den Kunden kommen.
Dem FFI-Vorsitzenden Andrew Forrest zufolge soll der Wasserstoff mithilfe von klimaneutral gewonnenem Sonnen- und Windstrom hergestellt werden und in Form von Ammoniak nach Europa kommen. Ammoniak ist eine chemische Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff und lässt sich leichter transportieren als reiner Wasserstoff.
Kreml besteht auf Zahlung von Gaslieferungen in Rubel
Fraglich ist, ob und wann diese und weitere Schritte hin zur Unabhängigkeit von russischer Energie ausreichen. Nachdem die G7-Staaten Forderungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin zurückgewiesen haben, Gas künftig in Rubel zu bezahlen, wächst nun der Druck aus Moskau. Das Land kündigte an, bis Donnerstag die Bedingungen für die Zahlung von Gas- und Öllieferungen festzulegen.
»Unternehmen sollten die veränderten Rahmenbedingungen und die total neue Lage in Rechnung haben, die durch den Wirtschaftskrieg gegen Russland entstanden ist«, sagte Präsidialamtssprecher Dmitrij Peskow mit Blick auf westliche Sanktionen. Er bekräftigte, ausländische Käufer fossiler Brennstoffe müssten in Rubel zahlen. Und: Russland werde sein Gas nicht umsonst exportieren.
Der Vorstandsvorsitzende von E.on, Leonhard Birnbaum, hatte erst am Montagabend in den ARD-»Tagesthemen« geschildert, wie abhängig Deutschland von den Gaslieferungen aus Russland ist. Er schätze, dass es drei Jahre dauere, bis sich Deutschland von russischer Energie unabhängig machen könne. Ohne Gaslieferungen aus dem Land würde die deutsche Wirtschaft »massive Schäden erleiden, die unter allen Umständen vermieden werden sollten«, sagte er.
Besonders leiden dürfte die Industrie: Die Bundesnetzagentur werde der Nutzung für Heizzwecke in Wohnhäusern Vorrang vor der industriellen Nutzung einräumen, was dazu führe, dass energiehungrige Hersteller wie die Stahlindustrie die erste Last von Lieferkürzungen zu tragen hätten, sagte Birnbaum.
Fünf Millionen Tonnen bis 2030: E.on plant in großem Stil Einfuhr von grünem Wasserstoff – aus Australien - DER SPIEGEL
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