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Tuesday, February 1, 2022

Siltronic: Kluges Nichtstun? Habeck lässt den Milliarden-Chip-Deal platzen - WELT

Um ein Zeichen zu setzen, reicht es manchmal schon, einfach gar nichts zu tun. Genau so hat es das Wirtschaftsministerium unter der neuen grünen Führung von Robert Habeck jetzt gemacht: Die Bundesregierung ließ in der Nacht zum Dienstag die Frist für eine Zustimmung zu einem Milliardendeal in der Chipbranche einfach verstreichen, das Geschäft platzte damit. Eigentlich wollte der taiwanesische Konzern Globalwafers das deutsche Unternehmen Siltronic für knapp 4,4 Milliarden Euro übernehmen.

Offiziell reichte die Zeit nicht aus, um „alle notwendigen Prüfungsschritte“ abzuschließen, argumentierte das Wirtschaftsministerium. Insbesondere die Prüfung der erst in der vergangenen Woche erfolgten Genehmigung durch die chinesischen Behörden habe nicht mehr vor Ablauf der Frist stattfinden können. So vermeidet Habeck eine erste klare Positionierung – und damit auch, die Käufer explizit vor den Kopf zu stoßen. So heißt es im Wirtschaftsministerium, Globalwafers könne natürlich noch einmal einen neuen Anlauf für eine Übernahme starten, dann werde die Investitionsprüfung „selbstverständlich erneut vorgenommen“.

Bund hat rechtssichere Lösung nach KfW-Förderstopp gefunden

Habeck sagte, er habe nach dem Förderstopp zunächst Härtefallregelungen favorisiert. Dies sei aber nicht rechtssicher möglich gewesen. Deswegen sollen nun alle förderfähigen Anträge, die bis zum Antragsstopp am 24. Januar eingegangen sind, genehmigt werden. Danach gebe es einen „klaren Cut“.

Quelle: WELT

Das Signal, das von dieser Nicht-Entscheidung ausgeht, ist deutlich: Die Ampel-Regierung will offensichtlich von ihrem Recht Gebrauch machen, den Verkauf deutscher Unternehmen, die als besonders zukunftstauglich gelten, in Schlüsselbereichen der Wirtschaft zu verhindern.

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Habeck hat die Chipindustrie genau wie die Batterieherstellung zu einer Schlüsselbranche erklärt, in der auch die Produktion in Europa weiter gefördert werden soll. Unterstützung für den Kurs, durch Nicht-Entscheidung eine Übernahme zu verhindern, kam auch von der Opposition. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Julia Klöckner, verwies darauf, dass Deutschland als Investitionsstandort begehrt sei.

„Gerade deswegen ist es richtig, dass wir auch unsere Sicherheitsinteressen im Blick halten.“ Aus der FDP gab es hingegen Stimmen, die das Vorgehen des Wirtschaftsministers der eigenen Bundesregierung kritisierten. Sollte es Gründe gegen eine Übernahme geben, müssten die klar benannt werden und die Prüfung nicht einfach durch Nichterledigung beendet werden.

Diese Gründe gibt es im Fall von Siltronic durchaus. Die Firma ist eine der wenigen in Deutschland, die im internationalen Chipgeschäft als Zulieferer eine wichtige Rolle spielen: Die Münchner Experten stellen sogenannte Wafer her, große millimeterdünne Scheiben, die aus einem reinen, monokristallinen Siliziumblock geschnitten werden. Die Wafer sind das Rohmaterial, auf dem Chiphersteller in ihren Fabriken mittels Fotolithografie die Chipstrukturen aufbringen – aus einem Wafer werden so je nach Chipgröße etwa 80 Highend-Chips geschnitten.

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Die Herstellung der Silizium-Monokristalle, der sogenannten Ingots, ist ein technisch sehr aufwendiges und langwieriges Verfahren – je größer die Kristalle im Durchmesser werden, desto weniger Hersteller weltweit beherrschen es überhaupt. Aktueller Standard in der Branche sind Wafer mit 300 Millimetern Durchmesser, diese sind aufgrund des weltweiten Halbleiterbooms aktuell weltweit knappe und gesuchte Ware.

Viele Zulieferer können nur die älteren 200-Millimeter-Wafer liefern. Doch je kleiner der Wafer, desto mehr Ausschuss produziert eine Fabrik, da Chips am Rande der runden Wafer-Scheiben aufgrund der eingesetzten Optiken weniger präzise gefertigt sind und öfter aussortiert werden. Entsprechend begehrt sind Werke für 300-Millimeter-Wafer.

Übernahme würde Nähe zu ASML bringen

Zudem gehört Siltronic zu den Herstellern, die zusammen mit dem marktführenden niederländischen Lithografie-Maschinenbauer ASML seit Jahren an der Technik für den Einsatz von Wafern mit 450 Millimetern Durchmesser forschen. Noch ist diese Technik nicht serienreif, im Gegenteil: Der Marktstart wurde immer wieder verschoben. Doch wer sie künftig beherrscht, der wird Chips günstiger und schneller herstellen als die Konkurrenz.

Für Globalwafers, weltweit die Nummer Drei unter den Waferherstellern, wäre eine Übernahme von Siltronic, der weltweiten Nummer vier im Markt, also auch aufgrund der Nähe zu ASML interessant. Doch offenbar will die deutsche Bundesregierung die Wafer-Technik ungern nach Taiwan abgeben.

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Die sogenannte Investitionsprüfung bei Übernahmen ist in der Außenwirtschaftsverordnung geregelt. Darin sind „Hoch- und Zukunftstechnologiesektoren“ definiert, in denen Übernahmen gemeldet, geprüft und genehmigt werden müssen. Dabei soll festgestellt werden, ob die öffentliche Sicherheit oder Ordnung Deutschlands oder anderer EU-Staaten durch den Zusammenschluss beeinträchtigt werden könnte. Insbesondere Firmen aus den Bereichen künstliche Intelligenz, autonomes Fahren, Robotik, Cybersicherheit, Luft- und Raumfahrt, Nukleartechnik, Quantentechnologie, 3D-Druck, Datennetze, Smart-Meter, Rohstoffe und Halbleiter gehören zu den Branchen, in denen sich die Bundesregierung ein Veto vorbehält.

So soll der Abfluss von Know-how und Schlüsseltechnologien verhindert werden. Die Debatte um den Schutz vor einem solchen Ausverkauf in Deutschland war insbesondere vor dem Hintergrund der Übernahme des Robotik-Unternehmens Kuka durch chinesische Investoren entstanden. Inzwischen steigt die Zahl solcher Investitionsprüfungen immer stärker an. 2018 gab es laut dem Wirtschaftsministerium nur 78 solcher Verfahren, 2019 stieg die Zahl bereits auf 106, 2020 auf 160 und lag 2021 mit 306 Prüfverfahren noch einmal fast doppelt so hoch wie im Vorjahr.

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