Die Bundesbank sieht die auf breiter Front gestiegenen Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland mit Sorge. »Unseren Berechnungen zufolge liegen die Preise von Wohnimmobilien um 10 bis 30 Prozent über dem Wert, der durch Fundamentaldaten gerechtfertigt ist«, sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch laut Redetext bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts der Deutschen Bundesbank. Das sei zunehmend auch außerhalb der Ballungsräume der Fall.
»Kritisch für die Finanzstabilität können steigende Immobilienpreise dann sein, wenn vermehrt Kredite mit stark gelockerten Vergabestandards vergeben und steigende Preise erwartet werden«, führte Buch aus. Rund die Hälfte der Bankkredite für Wohnimmobilien habe eine Zinsbindungsfrist von mehr als zehn Jahren. »Ein hoher Anteil von lang laufenden Krediten und Kapitalanlagen macht das deutsche Finanzsystem verwundbar gegenüber Zinsänderungsrisiken«, erläuterte die Bundesbank.
Insgesamt habe das Finanzsystem während der Pandemie gut funktioniert, bilanzierte die Notenbank. »Die umfangreichen staatlichen Maßnahmen haben den Finanzsektor vor Verlusten geschützt. Aber es bauen sich weiter Verwundbarkeiten auf – gegenüber negativen makroökonomischen Entwicklungen und speziell auf dem Immobilienmarkt.«
Gefahr bei länger anhaltender Inflation
Der für Bankenaufsicht zuständige Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling sagte: »Das deutsche Finanzsystem ist derzeit ausreichend widerstandsfähig, um eine gebremste wirtschaftliche Entwicklung gut verkraften zu können.« Banken könnten die aufgebauten Kapitalpuffer nutzen, um eine mögliche Einschränkung der Kreditvergabe zu verhindern. Zugleich mahnte Wuermeling, die Geldhäuser müssten sich für den Fall einer Änderung des Zinsumfeldes wappnen.
Dies könnte der Fall sein, wenn der derzeitige Anstieg der Inflation deutlich stärker oder länger ausfällt als erwartet. Steigende Zinsen würden in der kurzen Frist insbesondere auf den Bankensektor wirken: Die Refinanzierungskosten würden unmittelbar zunehmen, die Erträge aber nur langsam steigen. »Jetzt ist die richtige Zeit für Prävention gegenüber zukünftigen Risiken«, sagte Buch.
Die schnell steigenden Häusermärkte in Europa hatten zuletzt auch der Europäischen Zentralbank (EZB) Sorgen bereitet. Die Notenbank verwies darauf, dass im zweiten Quartal die Häuserpreise im Euroraum so rapide gestiegen seien wie seit dem Jahr 2005 nicht mehr. Zugleich habe sich sogar eine Lockerung der Vergabestandards für Hypothekendarlehen abgezeichnet.
Der starke Anstieg der Häuserpreise von rund sieben Prozent bleibe »ein Grund zur Sorge«, warnte die EZB. Die Banken in der Eurozone erwarten im Herbstquartal allerdings leicht verschärfte Vergabestandards für Firmenkredite, wie aus der jüngsten EZB-Umfrage unter 146 Finanzinstituten hervorgeht.
Steigende Zinsen als Gefahr: Bundesbank warnt vor überhitztem Immobilienmarkt - DER SPIEGEL
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