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Wednesday, November 24, 2021

Nicht profitabel, nicht effizient: Europas Banken sind extrem anfällig - DIE WELT

Starkes Eigenkapital, hohe Liquidität, saubere Bilanzen. Es scheint so, als wären Europas Banken seit der Finanzkrise 2007/2008 deutlich stärker geworden. Doch der Eindruck täuscht. Die europäischen Geldhäuser sind extrem anfällig. Der Grund ist ihre geringe Profitabilität.

Das ist der schonungslose Befund der Experten der Pariser Denkfabrik Montaigne in dem Bericht „Die Neuerfindung der europäischen Banken“, der WELT exklusiv vorliegt. Und sie schicken gleich eine Warnung hinterher: Wenn sich das nicht rasch ändert, kann das nicht nur für die Institute, sondern für die gesamte Wirtschaft zum Problem werden.

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Dabei betonen die Ökonomen, dass die dramatischen Folgen der Finanzkrise und die deutlich strengeren Vorschriften der Regulatoren immerhin dafür gesorgt haben, dass europäische Banken in den Jahren 2008 bis 2020 ihr Eigenkapital mehr als verdoppelt haben. Auch die Ausstattung mit Liquidität liegt deutlich über den Mindestanforderungen, zudem haben fast alle Banken den Anteil notleidender Kredite in ihren Büchern deutlich reduziert. Ausnahmen sind hier italienische und griechische Banken.

US-Wettbewerber im Vorteil

Das große Problem der Banken ist jedoch ihre fehlende Profitabilität: Diese hat sich seit der Finanzkrise nicht erholt, sodass die europäischen Institute zunehmend von US-Wettbewerbern abgehängt werden. Deren Eigenkapitalrendite fällt drei bis fünf Prozent höher aus als die der europäischen Geldhäuser.

Ein Grund dafür ist der deutlich größere US-Kapitalmarkt, den die heimischen Adressen unangefochten dominieren. Die europäischen Banken hinken aber auch in Sachen Effizienz hinterher. Bei ihnen liegt das Verhältnis von Kosten zu Erträgen sechs Prozentpunkte höher als bei ihren US-Wettbewerbern.

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Die mauen Perspektiven der europäischen Banken zeigen sich schon jetzt in der Geringschätzung der großen Investoren, die ihr Geld lieber in asiatische und amerikanische Geldhäuser stecken. US-Institute konnten ihre Marktkapitalisierung seit Anfang des Jahrtausends um 80 Prozent erhöhen, während die Bewertung der europäischen Banken bis 2019 auf dem gleichen Niveau wie 2001 verharrte.

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Dabei hat die Bedeutung der Finanzindustrie im Vergleich mit anderen Branchen deutlich abgenommen. Im Jahr 2000 zählten noch 19 Banken zu den wichtigsten hundert börsennotierten Unternehmen Europas, heute sind es nur noch sieben. Und während sie damals für 17 Prozent des gesamten Börsenwerts standen, sind es aktuell nur noch fünf Prozent. „Tatsächlich ist es so, dass die durchschnittliche Marktbewertung nun geringer ist als das durchschnittliche Eigenkapital der Banken“, schreiben die Experten des Pariser Thinktanks.

Viele Banken haben noch zu viele Filialen

Dieses Ungleichgewicht macht es für die Institute schwer, an frisches Kapital zu kommen. Dabei wäre das gerade jetzt dringend erforderlich, um den technologischen Umbau der Institute voranzutreiben und sie damit langfristig überlebensfähig zu machen. „Die Banken brauchen die Gelder der Investoren, um sich zu transformieren“, warnen die Autoren des Reports. „Diese Investments sind entscheidender denn je, um mit den US-Geldhäusern und der steigenden Anzahl an Tech-Unternehmen, die sich über die gesamte Wertschöpfungskette ausbreiten, weiterhin konkurrieren zu können.“

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Laut der Analyse der Ökonomen müssen die europäischen Institute ihre Profitabilität erhöhen, indem sie ihre internen Prozesse und ihre Dienste für die Kunden neu aufsetzen, um Kosten zu reduzieren und mehr Erträge zu generieren. Insbesondere die Digitalisierung der Kundenbeziehung müsste noch viel stärker voranschreiten. Viele Banken haben immer noch zu viele Filialen.

Zudem müssten sich die Geschäftsmodelle stärker fokussieren: „Sie müssen festlegen, wo und wie sie in der Wertschöpfungskette mitspielen, und Gebiete identifizieren, in denen sie ihren Kunden einen starken Mehrwert bieten können und eine besonders hohe Expertise haben“, schreiben die Report-Autoren.

Dringender Appell an die Politiker

Zudem sollten sie verstärkt Partnerschaften mit Fintechs eingehen und mit diesen zusammenarbeiten. Das könnte helfen, die beiden Ziele, mehr Effizienz und höhere Erträge, zu erzielen.

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Spätestens die nächste Krise könnte sonst zu einem Problem werden. „Nicht nur für die Banken selbst, sondern auch für Europas Wirtschaft und politische Position“, warnen die Experten. Die Politiker müssten daher dringend handeln und entsprechende Maßnahmen ergreifen.

„Es ist wichtig, dass eine strategische Vision für das europäische Bankensystem entsteht – mit einem besonderen Augenmerk auf Stabilität, Profitabilität und der Möglichkeit für mehr grenzüberschreitendes Handeln.“ Ob sich dahinter auch Fusionen innerhalb von Europa verbergen könnten, lassen die Experten offen. Ein europäischer Champion könnte auch wieder mit den US-Häusern konkurrieren.

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