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Saturday, July 31, 2021

Christoph Theis: „Zellen bauen, die die Asiaten nicht können“: Der Mastermind hinter Porsches Batterie-Vorstoß - Handelsblatt

Stuttgart Christoph Theis ist bislang in der breiten Öffentlichkeit kaum in Erscheinung getreten. Als Technologieberater bleibt er auch gerne diskret im Hintergrund. Was er und sein Team dann ausarbeiten, wurde schon häufiger von den Vorstandschefs der Autoindustrie auf großer Bühne als strategischer Wurf verkauft.

Der 54-Jährige sitzt beim Gespräch locker auf einem grünen Sofa, die angegrauten Haare zurückgekämmt, weißes Hemd, ohne Krawatte, die Ärmel in schwäbischer Schaffermanier hochgekrempelt. Die Stuttgarter Büroetage in der Heilbronner Straße liegt vis-à-vis dem 20-stöckigen Edelhochhaus Cloud Seven, einer der teuren Neubauadressen in Stuttgarter Bahnhofsnähe. Auf seiner Büroetage mag er es dagegen lieber offen – Start-up-ähnlich, obwohl P3 diesem Stadium eigentlich längst entwachsen ist.

Theis studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen und promovierte am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie auf dem Gebiet des Qualitätsmanagements. 1996 gründete er mit zwei Kollegen vom Fraunhofer-Institut die P3 Group – die Zahl spiegelt die Anzahl der Gründer wider. Er beschäftigt sich seit über 15 Jahren intensiv mit dem Thema Elektromobilität.

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Die Chefs der Autoindustrie hingegen haben das Thema Batterie über Jahre sträflich vernachlässigt. Theis urteilte schon vor Jahren, dass die Batterie den Unterschied machen kann, auch wenn die Produktion kapitalintensiv und die Margen alles andere als berauschend sind. Mit Verspätung geben ihm die Autobauer nun recht – besonders Oliver Blume. „Ziel ist es, Zellen zu bauen, die die Asiaten nicht können“, sagt Theis.

P3-Mitgründer Theis

Der 54-Jährige schätzt den Charakter als Start-up-Unternehmen.

Vor vier Jahren beteiligte sich P3 mit 33 Prozent an der Fraunhofer-Ausgründung Customcells – ein für eine Beratung eher ungewöhnlicher Schritt. Die ausbaufähige Nische des Start-ups: spezielle, optimal auf die Kundenbedürfnisse angepasste Batterien.

Theis erkannte Potenzial jenseits der Tesla-Methode. Der US-Elektropionier hatte anfangs einfach alle auf dem Markt verfügbaren Lithium-Ionen-Batteriezellen genommen und einfach Hunderte Laptop-Batterien hintereinandergeschaltet. Das funktionierte – sehr zum Erstaunen der deutschen Autobauer.

Theis ist in der Autoindustrie bestens vernetzt

Theis aber ist überzeugt: „In Zukunft werden wir Batterien sehen, die auf spezifische Anwendungen hin ganz unterschiedlich entwickelt wurden. Beispielsweise für Stadtautos, Sportwagen oder auch Nutzfahrzeuge.“ Customcells hat inzwischen durch unterschiedlichste Auftraggeber ein sehr breites Verständnis der Batteriezelle aufgebaut. Was bislang fehlte war ein Schlüsselkunde als Partner.

Auch hier nutzte Theis seine guten Kontakte in die Autoindustrie und fand in Porsche einen namhaften industriellen Partner für die erste Kleinserie. Die Zuffenhausener bauen mit Customcells in Tübingen in einem Joint Venture Superbatterien zunächst für den Rennsport und exklusive Sondermodelle. Porsche bringt das Geld ein, Customcells das Know-how.

84 Prozent der Anteile am Joint Venture lässt sich Porsche einen Betrag in zweistelliger Millionen-Euro-Höhe kosten. Der Staat bezuschusst das Projekt mit 60 Millionen Euro. Eigentlich bräuchte das zu den profitabelsten Autobauern der Welt gehörende Unternehmen keine staatliche Stütze. Aber die Förderung für die Batteriefabrik hatte Theis mit Customcells schon vor dem Porsche-Einstieg beantragt und bewilligt bekommen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ließ es sich nicht nehmen, persönlich bei der Ankündigung der ersten Batteriezellenfabrik für Autos in seinem Ländle dabei zu sein. Er hofft, dass die Luxustechnologie später in die Breite diffundiert. Auch Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer ist Feuer und Flamme für die Chemiefabrik auf seiner eher studentisch geprägten Gemarkung.

Porsche kauft P3 einen Teil der Beteiligung ab

Nicht nur Porsche vertraut auf die Expertise der Mannschaft von Customcells. Auch das Flugtaxi-Projekt Lilium wird Batterien der Firma aus Itzehoe verwenden, wie das Unternehmen diese Woche bekanntgab.

Bei Erfolg der Kleinserie für Porsche wird skaliert. Das ist das Ziel aller Beteiligter. Als Berater wollte Theis allerdings nicht auf Dauer an einer Produktion beteiligt sein – auch, um seine Kunden nicht zu irritieren. „Wir beraten auch andere Batterie- und Automobilhersteller und die wertschätzen es, wenn wir neutral und unabhängig bleiben“ begründet Theis den Ausstieg aus Customcells. Vielleicht kostet die Wachstumsfinanzierung auch P3 zu viel Geld.

Anfang der Woche nahm ihm jedenfalls Porsche einen Teil seiner Anteile ab. Der Rest ging an zwei Finanzinvestoren. Für Theis ist damit die Mission erfüllt. Was sein Unternehmen dabei einstrich, verrät er nicht. Zwei seiner besten Leute jedenfalls wechseln in die Batteriefabrik von Porsche.

Kontakte in der Branche sind Theis' Kapital. Anfänglicher Schlüsselkunde war Daimler. Auch in Asien berät das Unternehmen Batteriehersteller. „Wir verstehen uns als Anschieber von Technologien mit Potenzial“, sagt Theis. „Wir unterstützen und befähigen.“ Mit einem gewissen Helfersyndrom, aber sicherlich nicht ganz billig. Immerhin erzielt P3 einen Umsatz von über 100 Millionen Euro pro Jahr.

Technologie von Customcells

P3hat sich vor vier Jahren zu einem Drittel an Customcells beteiligt und diese Anteile jüngst veräußert. Den Preis nennt der Gründer allerdings nicht.

(Foto:&#160obs)

Ursprünglich hatte die Beratung 4000 Spezialisten. Vor zwei Jahre teilten die Gründer das Unternehmen auf. Theis übernahm die Bereiche Elektromobilität und Software mit 900 Leuten. Einer der Gründe für die Trennung: Theis wollte den Charakter als Start-up-Unternehmen mit Beteiligung der Mitarbeiter auch 25 Jahre nach der Gründung erhalten. Derzeit gibt es neben dem Gründer mit über 50 Prozent der Anteile 28 weitere Eigentümer.

Und der Chef-Berater geht noch weiter: „In 20 Jahren gehört das Unternehmen ganz den Mitarbeitern.“ Hinter der Idee zur „volkseigenen Beratung“ steht weniger der Wohltätigkeitsgedanke als die Erkenntnis, dass er seinen Leuten etwas bieten muss, damit sie bei ihm bleiben oder Talente zu ihm kommen. 150 der Mitarbeiter sind Elektromobilitätsspezialisten, der Rest bringt meist Expertise im Bereich Software mit. Für diese Mitarbeiter werden derzeit Höchstpreise auf dem Arbeitsmarkt gezahlt, weil vor allem die Autobauer sie in der Transformation händeringend suchen.

Nachfolge aus der Familie hat der geschiedene Vater einer Tochter nicht zu berücksichtigen. Theis setzt darauf, dass gute Leute bei ihm im Gegensatz zu Großkonzernen früh gestalten können – für diese Botschaft gibt der Gründer seine sonstige Zurückhaltung ein Stück weit auf. „Wer den Weg zu uns findet, hat den ersten Intelligenztest schon bestanden.“

Mehr: Porsche steigt bei Customcells ein – und sendet einen letzten Weckruf an die deutschen Zulieferer

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