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Friday, August 27, 2021

Fed-Chef Powell: Anleihekäufe könnte noch dieses Jahr gedrosselt werden - Handelsblatt

New York, Frankfurt Die US-Notenbank Fed könnte noch in diesem Jahr damit beginnen, ihre Anleihekäufe zurückzufahren. Das erklärte Fed-Chef Jerome Powell am Freitag beim Notenbank-Symposium in Jackson Hole. Auf der Juli-Sitzung der Fed sei er, wie die meisten seiner Kollegen, der Auffassung gewesen, „dass es angemessen sein könnte, das Tempo der Wertpapierkäufe in diesem Jahr zu reduzieren, wenn sich die Wirtschaft im Großen und Ganzen wie erwartet entwickelt“. Seither habe es einen weiteren starken Arbeitsmarktbericht gegeben, es sei aber auch das Risiko durch die Delta-Variante gestiegen.

Damit steuert die Fed auf eine Wende in ihrer Geldpolitik zu. Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sie ihre Leitzinsen bis nahe null gesenkt und kauft für monatlich 120 Milliarden Dollar Anleihen und Hypothekenpapiere. Angesichts der starken Erholung der US-Wirtschaft drängen immer mehr Notenbankvertreter auf einen baldigen Kurswechsel. Der erste Schritt in diese Richtung wäre ein Herunterfahren (tapern) der Anleihekäufe. Er gilt allerdings auch als besonders sensibel für die Märkte, weil Investoren daraus unter Umständen Rückschlüsse für die Zinsentwicklung bis weit in die Zukunft ziehen. Powell versicherte in seiner Rede jedoch, dass eine Reduktion Anleihekäufe nicht als direktes Signal für baldige Zinserhöhungen zu verstehen sei.

Vor allem diese Bemerkung kam an der Börse gut an. Der Standard & Poor’s und der Nasdaq-Index erreichten während der Rede neue Höchststande. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte lag rund eine halbe Stunde nach Handelsbeginn 0,6 Prozent im Plus bei 35.422 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 stieg um 0,6 Prozent auf 4495 Zähler, der Index der Technologiebörse Nasdaq ebenfalls um 0,5 Prozent auf 15.052 Stellen. Der Dollar gab hingegen leicht nach und auch Gold verbilligte sich. Die Renditen für 10-jährige US-Anleihen gaben auf 1,325 Prozent nach.

Für Brent Schutte, Chef-Investment-Stratege von Northwestern Mutual Wealth Management ist die Powell-Rede ein weiterer Beweis, dass die Fed für eine lockere Politik steht: „Diese Fed ist dem Markt verpflichtet“, sagte er gegenüber dem Wirtschaftssender CNBC. Die Fed wolle ganz offensichtlich den September abwarten, um zu sehen, wie der Arbeitsmarktreport während der zeitgleichen Ausbreitung der Delta-Variante ausfällt.

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Laut dem Devisenexperten der US-Großbank Citi, Ebrahim Rahbari, hält sich Powell alle Optionen offen. Seiner Ansicht nach auch die, bereits im September ein Tapering zu verkünden. Die US-Investmentbank Goldman Sachs bleibt bei ihrer Einschätzung, dass die Fed das Tapering wahrscheinlich im November verkünden wird.

Unterschiedliche Sichtweisen zur Inflation

Die US-Notenbank hat bisher stets als Voraussetzung für einen solchen Schritt genannt, dass es „substanzielle Fortschritte“ auf dem Weg zu Vollbeschäftigung und Preisstabilität geben müsse.
Powell machte in seiner Rede deutlich, dass es zuletzt weitere Verbesserungen in beiden Punkten gegeben habe. Mit Blick auf die Preisstabilität war dabei lange Zeit eher zu niedrige als zu hohe Inflation das Problem. Das hat sich in diesem Jahr geändert.
Infolge der wirtschaftlichen Erholung von der Coronakrise ist die Inflation zuletzt kräftig gestiegen und lag deutlich über der angestrebten Preissteigerungsrate der Fed von zwei Prozent. Laut Powell hat die Fed ihr Preisstabilitätsziel inzwischen erreicht. Im Juli lag der Anstieg des Konsumentenpreisindex bei 5,4 Prozent im Jahresvergleich.
Die Fed hält den Preisanstieg für hauptsächlich vorübergehend. Sie führt ihn vor allem auf Sondereffekte durch die Pandemie zurück. Für 2022 prognostiziert sie wieder eine deutlich niedrigere Inflation. In seiner Rede wies Powell darauf hin, dass etwa Hotelpreise, die in der Pandemie dramatisch gesunken waren, im Vergleich zum Vorjahr besonders stark gestiegen sind und damit zur Inflation beigetragen haben. Dieser relative Anstieg werde nicht mehr lange andauern, da die Hotelpreise schon heute fast wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie sind.

Auch bei den zuletzt stark gestiegenen Gebrauchtwagen-Preisen sieht er derzeit schon wieder einen Rückgang. Ökonomen führen den Preisanstieg dort auf Lieferengpässe bei Chips durch die Pandemie zurück, die dazu geführt haben, dass viele Autohersteller ihre Produktion nicht wie gewünscht wieder hochfahren können.
Es gibt jedoch auch Anzeichen, die darauf hindeuten, dass die höhere Inflation länger anhalten könnte. So sind zum Beispiel auch die Häuserpreise und Mieten in den USA zuletzt stark gestiegen. Diese lassen sich nicht durch eine kurzfristige Anhebung der Kapazität bremsen und neigen auch weniger zu kurzfristigen Schwankungen. Auch die zuletzt höheren Lohnabschlüsse sprechen dafür, dass die Inflation noch länger auf hohem Niveau bleiben könnte.

Weitere Fortschritte am Arbeitsmarkt

Auch mit Blick auf den amerikanischen Arbeitsmarkt stellte Powell fest, dass es dort mittlerweile weitere Fortschritte bei der Erholung gegeben habe. Doch bereite die Ausbreitung der Delta-Variante des Corona-Virus Sorgen. „Die Delta-Variante bedeutet ein kurzfristiges Risiko, die Aussichten für weiteren Fortschritt in Richtung Vollbeschäftigung sind aber gut,“ sagte er.

So bewerten Volkswirte die Rede von Jerome Powell

Im Juli entstanden 943.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft, 5000 mehr als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote sank von 5,9 auf 5,4 Prozent im Juli. Der Rückgang fiel damit stärker aus als erwartet worden war.
Eine Kontroverse dreht sich um die Frage, ab welchem Niveau Vollbeschäftigung erreicht ist. Auf dem Papier ist eine Arbeitslosenquote um fünf Prozent relativ niedrig. Powell verwies in seiner Rede jedoch auch darauf, dass dieser Wert die tatsächliche Arbeitslosigkeit unterschätzt. Die Arbeitslosenrate sei daher auf dem aktuellen Niveau nach wie vor viel zu hoch. Viele Menschen fallen aus der offiziellen Statistik heraus, weil sie zum Beispiel schon länger arbeitslos sind und nicht mehr aktiv nach Arbeit suchen.

Einige Ökonomen wie der Chef des Washingtoner Peterson Institute, Adam Posen, argumentieren daher, dass die Fed trotz möglicher Inflationsrisiken noch sehr viel länger an niedrigen Zinsen festhalten sollte.

Die Tücken des Ausstiegs

Auch wenn Powell in seiner Rede betonte, dass kein direkter Zusammenhang zwischen Anleihekäufen und Zinserhöhungen besteht, hängen beide Elemente eng miteinander zusammen.

Ein Grund für seine Äußerungen dürften die Erfahrungen aus dem Jahre 2013 sein. Als der frühere Fed-Chef Ben Bernanke damals ein schnelleres Herunterfahren der Anleihekäufe in Aussicht stellte, löste er schwere Turbolenzen an den Märkten aus, weil Investoren daraufhin frühere Zinserhöhungen erwarteten.

So lange die Fed noch Anleihen kauft, gilt eine Zinserhöhung als nahezu ausgeschlossen. Das bedeutet jedoch im Umkehrschluss: Wenn die Anleihekäufe beendet sind, rückt eine Zinserhöhung näher.

Viel wird daher auch davon abhängen, über welchen Zeitraum die Fed das Tapern streckt und wie sie dabei vorgeht. Dabei muss sie abwägen, ob sie flexibel vorgeht oder sich darauf festlegt in welchem Tempo sie die Käufe schrittweise reduziert.

Die US-Investmentbank Goldman Sachs erwartet, dass die Fed ihre Anleihekäufe ab Dezember bei jedem ihrer Treffen um 15 Milliarden US-Dollar reduzieren wird. In diesem Fall wären die Käufe dann im Herbst 2022 beendet. Danach könnte die Notenbank aus Sicht von Goldman Sachs noch ein Jahr warten, bis sie die Zinsen erstmals anhebt. Der Chef der regionalen Fed von of St. Louis, James Bullard, sprach sich hingegen dafür aus, die Käufe bereits innerhalb des ersten Quartals 2022 zu beenden.

Klar ist, dass die US-Wirtschaft die wirtschaftliche Krise in der Pandemie überwunden hat. Damit dürften nun auch die geldpolitischen Entscheidungen wieder kontroverser werden. Das zeigt sich bereits daran, dass einzelne Fed-Vertreter sehr unterschiedliche Vorstellungen geäußert haben, wie die Notenbank beim Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik vorgehen sollte.

Mehr: Angst vor Inflation: Weltweit planen Notenbanken das Ende von Geldflut und Niedrigzins – nur die EZB nicht.

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